31.12.1996 

Sphärenklänge

Zum Teilzeitsozialismus des André Gorz

Heinz Weinhausen

Du spulst deine Arbeit runter,

und fragst nicht, warum und wieso.

Hauptsache, du kriegst deine Kohle

und es ist sauber auf dem Klo.

Ist es nicht so,

du Krone der Schöpfung? (1)

»Den Kapitalismus überwinden, heißt hauptsächlich und notwendig, die Vorherrschaft der Warenbeziehungen – einschließlich des Verkaufs der Arbeit – zugunsten freiwilliger Tätigkeiten und Tauschbeziehungen zu beseitigen, die ihren Zweck in sich selbst tragen.«(2) Warenbeziehungen und Lohnarbeit zurückzudrängen, ist die Kernforderung von André Gorz.

Was der Mainstream der SozialistInnen ignoriert oder auf eine ferne »Übergangsgesellschaft« verschiebt, setzt er punktum auf die Tagesordnung: »Wer, wie, wann, wo damit anfangen könnte, wird von den radikal “man muß einfach” Denkenden als eine unwürdige Frage abgetan.«(3) Wo andere noch mit der Frage ringen, ob eine Gesellschaft ohne Lohnarbeit überhaupt je funktionieren könnte oder allenfalls abstrakte Forderungen in diese Richtung erheben, geht es Gorz bereits um konkrete Vermittlungen; nämlich darum, hier und heute zu beginnen, das Joch der Lohnarbeit im realexistierenden »Industriessystem« zu brechen. Das Gorzsche Denken steht also nicht für die Verherrlichung der Arbeit. Es verwirft den Glauben an die Metamorphose der Arbeiterklasse, sobald sie nur die politische Macht erringt.(4) Gorz hält vielmehr die Arbeit selbst für das eigentliche Problem. Er beschreibt sie als Mühsal, als Langeweile, als ermüdenden, quälenden Zwang, der den Menschen verkrüppelt, deformiert oder verblödet, wenn sie ganztags und auf Dauer erbracht werden muß. Hierin sieht Gorz auch die Problematik der sowjetischen »Diktatur des Proletariats«. Wird ein Großteil der Arbeitenden in einen lebenslangen Monotonie-Beruf eingesperrt, in dem das Individuum schlicht zu funktionieren hat, während seine schöpferischen Potenzen brachliegen, dann hat diese Arbeitsgesellschaft – unabhängig davon, wie sie sich selbst definieren mag – herzlich wenig mit dem angestrebten kommunistischen Ziel zu tun.(5)

In der Tat, einer vollen Entwicklung des Individuums, die Marx als ein Charakteristikum des Kommunismus sah, steht diese Vereinseitigung diametral entgegen. Wird dies nicht gesehen, »läuft man Gefahr, von Angestellten und ArbeiterInnen die Selbstverwirklichung innerhalb von Arbeitsaufgaben zu fordern, die keine Selbstverwirklichung erlauben«(6). Explizit wendet sich Gorz gegen die Vision des »sozialistischen Arbeiterstaates«. Er tritt vielmehr ein für die Befreiung von der Arbeit als einem politischen Programm. »Es geht nicht mehr darum, Macht als Arbeiter zu erobern, sondern darum, Macht zu erobern, um nicht länger als Arbeiter funktionieren zu müssen«.(7)

Befreiung von der Arbeit bedeutet für Gorz zunächst ganz einfach eine drastische Reduktion der Erwerbsarbeitszeit. Ausgehend von der heutigen Produktivität taxiert er die notwendige Lebensarbeitszeit: »Es sieht kaum aus, als würde dieses Quantum gegen Ende des Jahrhunderts 20.000 Stunden überschreiten. Nun bedeuten aber 20.000 Stunden pro Leben zehn Jahre Vollzeitarbeit oder zwanzig Jahre Teilzeitarbeit oder – weit plausibler – vierzig Jahre unregelmäßige Arbeit, wobei Halbzeitperioden, Urlaubsperioden oder Perioden unbezahlter autonomer Tätigkeit in einer Arbeitsgemeinschaft usw. einander abwechseln«(8). Diese Lebensarbeitszeit sieht er als Pflicht, von der niemand freigestellt sein soll. In der radikalen Einschränkung der Lohnarbeit – in der Terminologie von Gorz der heteronomen Arbeit – erkennt er aber die Chance zu einer neuen Lebensqualität. »Sinn und Ziel der Forderung, weniger zu arbeiten ist nicht “mehr auszuruhen« sondern “mehr zu leben”«.(9)

In der Umsetzung dieses Ansatzes sieht Gorz die Möglichkeit, die vom Kapitalismus eingeimpfte »produktivistische Arbeits-Ethik auszumerzen und durch eine Ethik zu ersetzen, in der die freiwillige Kooperation, die Selbstbestimmung, die Kreativität, die Qualität der Beziehungen zu anderen und zur Natur die dominierenden Werte sind. Wir müssen wieder lernen, uns in das, was wir tun, einzubringen, nicht weil wir dafür bezahlt werden, sondern aus Freude, etwas zu schaffen, zu schenken, zu lernen, mit anderen nicht-kommerzielle und nicht-hierarchische, praktische und affektive Beziehungen zu knüpfen«(10).

Und umgekehrt verhindert ein Beharren auf den Vollzeitarbeitsplatz einen Durchbruch der neuen Ethik: »Solange das Arbeitsleben den Hauptteil der Zeit eines jeden beansprucht und der Despotismus der Stoppuhr die Arbeitszeit von der Lebensarbeitszeit abschneidet, werden die Entdeckung, die Neuerfindung der nicht-ökonomischen Werte auch außerhalb der Arbeit unwahrscheinlich bleiben«(11). In dieser neuen Sphäre der autonomen Tätigkeiten – hat die ökonomische Logik keine Geltung mehr. Hier ist kein Sich-Zurichten-Müssen angesagt, auch nicht, wenn die frei verfügbare Zeit für die Herstellung von Notwendigem genutzt wird: »Handgenähte Kleider und Schuhe haben nicht denselben Status wie industriell gefertigte. Sie um des Vergnügens willen herstellen heißt, daß die Zeit, die man damit zubringt, nicht gezählt wird: Es ist die Zeit des Lebens selbst«(12).

Autonomes Tun braucht folgerichtig eine angemessene Infrastruktur, um sich entfalten zu können. Gorz fordert daher eine Politik kollektiver Einrichtungen. Als Beispiel nennt er »die städtischen Zentren in Großbritannien, die unter einem Dach Schwimmbad, Bibliothek, Lesesaal, Spiel- und Musikräume, Restaurant, Reparatur- und Bastelwerkstatt vereinen«(13). Weiterhin sieht er den Staat gefordert, für Selbsthilfegruppen, die Altenhilfe, Kinderbetreuung u.a. organisieren, eine geeignete Infrastruktur aufzubauen und ständige finanzielle Unterstützung zu gewährleisten.

Gorz selbst bezeichnet seinen Ansatz als dualistische Konzeption, und nur eine solche hält er für realistisch und realisierbar: »Die heteronome Sphäre gewährleistet die programmierte, geplante Produktion all dessen, was für das Leben der Individuen und für das Funktionieren der Gesellschaft notwendig ist, so wirksam wie möglich, folglich mit dem geringsten Aufwand und minimalen Ressourcen. In der anderen Sphäre produzieren die Individuen auf autonome Weise, außerhalb des Marktes, allein oder frei assoziiert, materielle und immaterielle, nicht notwendige, aber den Wünschen, dem Geschmack und der Phantasie des Einzelnen entsprechende Güter und Dienste.«(14) Die eine Sphäre gilt es abzubauen, die andere zu erweitern. In dem Maße, wie dies gelingt und endlich das Selbstbestimmte überwiegt, wird die Gesellschaft sozialistisch. Hier käme dann den von ökonomischer Rationalität der Kapitalverwertung geprägten Beziehungen nur noch eine untergeordnete Rolle zu und somit wäre die »ökonomisch rationale Arbeit sowohl gesamtgesellschaftlich als im Leben der einzelnen nur noch eine Tätigkeit unter mehreren anderen, ebenso wichtigen«(15). Die restlose Beseitigung von Geld- und Warenbeziehungen hält Gorz allerdings für utopisch.(16)

Soweit die Vorstellung der Gorz’schen Position. Kann nun die dualistische Konzeption ein Ausweg aus der Krise des marktwirtschaftlichen Systems sein? Um diese Frage befriedigend beantworten zu können, sind ihre Grundlagen und theoretischen Voraussetzungen zu erörtern.

Der Arbeitsbegriff bei Gorz

Gorz hat einen negativ besetzten Arbeitsbegriff, er tritt für die Befreiung von der Arbeit ein.(17) Dennoch bleiben sowohl seine Kritik an der Arbeit als auch seine Vorstellungen von einer Aufhebung der Arbeit letztlich doch noch befangen in den Kategorien der modernen Warenproduktion. Die Arbeit im Kapitalismus unterliegt durch die von der Konkurrenzlogik erzwungene Produktivitätsdynamik einem ständigen Wandel. Sie muß sich der unablässigen Revolutionierung der Produktionsmittel stets anpassen. So wurde aus dem Handwerkerstolz das Fließbandleiden. Hier erst setzt Gorz an. Er bezieht sich in seiner Kritik der Arbeit in erster Linie auf die Zumutungen der empirischen Form der Arbeit im Fließbandkapitalismus, die als maschinenbestimmtes, zerstückeltes und monotones Handeln charakterisiert werden kann. Gorz fragt sich, wo hier der von Marx bemühte »Baumeister« überhaupt noch seinen Platz finden kann.(18) Er erkennt und beschreibt hierin treffend einen Grund für die Deformierung durch die Arbeit, die auch in der Sphäre der Nicht-Arbeit nicht aufgehoben ist, wie sich etwa im kompensatorischen Konsumverhalten zeigt.(19) Und es ist offensichtlich, daß die Menschen in diese Arbeitsbedingungen nur gezwungen werden können, weil sie ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um ihre Reproduktion zu sichern.

Die jeweilige Technologie und der Herstellungsprozeß sind nun immer schon durch den Filter der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse hindurchgegangen. Aus diesem Grund ist ein kritisches Verhältnis zur kapitalistisch geformten Technik angesagt, nicht aber braucht industrielle Technik per se abgelehnt zu werden. Eine Überwindung der wertförmigen Vergesellschaftung würde unweigerlich die Entwicklung einer »menschlichen« Technik auf die Tagesordnung setzen. Das Produzieren und die Produktionsmittel könnten dann den individuellen menschlichen Bedürfnissen angepaßt werden.(20) Dies schließt auch mit ein, daß einerseits die Meßlatte der Produktivität nicht zwanghaft ständig nach oben angepaßt und daß andererseits immer auch schon ökologische Aspekte mitberücksichtigt werden müßten.(21)

Gorz vertritt dagegen die These, daß industrielles Produzieren an sich und demnach »ewig« ein fremdbestimmtes Tun bleiben müsse. »Ein so alltägliches Gerät wie eine Waschmaschine enthält eine Fülle von Kenntnissen, die die Fähigkeiten mehrerer Zehntausende von Personen übersteigt… Die Koordinierung einer so großen Vielfalt spezialisierter Aufgaben erfordert ihrerseits prädeterminierte Verfahren und Regeln, die individuelle Phantasie ausschließen. Der Apparat gesellschaftlicher Produktion kann nur nach Art einer einzigen großen Maschine funktionieren, der alle Tätigkeiten untergeordnet sind… Die im Rahmen der gesellschaftlichen Produktion von jedem geleistete Arbeit ist also notwendig heteronom, das heißt: welche Qualifikationsstufe sie auch hat, ihrem Inhalt und ihren Modalitäten nach ist sie von technischen Imperativen bestimmt.«(22)

Gorz kritisiert hier das Fremdbestimmte der fordistischen Produktionsweise, sieht aber die Ursache in technologischen Sachzwängen statt in der wertförmigen Zurichtung der Herstellungsprozesse. Daher bleibt für ihn die Sphäre der heteronomen Arbeit<D> auch unaufhebbar und kann nur durch eine Sphäre autonomer Tätigkeiten ergänzt werden. Gorz sieht keinen anderen Ausweg, als die heteronome Sphäre zurückzudrängen, um so wenigstens das Arbeitsleid zu minimieren. Deshalb gelte es, die Arbeitszeit auf möglichst vier Stunden am Tag zu verkürzen. Auf diese Weise fielen die Zumutungen geringer aus und ließen sich leichter kompensieren. Es bliebe noch genug Zeit, Mensch zu sein, zumal sich auch die Hierarchie am Arbeitsplatz durchaus auflösen ließe: »Der Arbeitsplatz kann zu einer Stätte des Austausches, der Kooperation und des guten Einvernehmens werden.«(23)

Eine Überwindung dieses heteronomen Vier-Stunden-Apparates allerdings erscheint Gorz unmöglich: »Die gesellschaftliche Zusammenarbeit auf der Ebene eines großen Wirtschaftsraums kann keine selbstbestimmte und freiwillige sein.«(24) Denn auf dieser Ebene herrsche notwendigerweise eine objektive und unaufhebbare ökonomische Logik: »Handeln ist ökonomisch rational, insofern es auf die größtmögliche Leistung (Produktivität) der eingesetzten Faktoren abzielt. Gemessen wird Leistung im ökonomischen Sinn an dem pro Quantum eingesetzter lebendiger oder toter Arbeit (zirkulierendes und fixes Kapital) erzielten Profit. Welche immer auch die Eigentumsverhältnisse sein mögen, gibt es vom betriebswirtschaftswissenschaftlichen Standpunkt aus nicht einerseits eine kapitalistische, andererseits eine sozialistische ökonomische Rationalität. Diese Einsicht hat sich in letzter Zeit überall durchgesetzt«(25). Und von diesem Wirtschaftswissenschaftsstandpunkt aus, in dem Gorz befangen bleibt, ist seine Argumentation durchaus folgerichtig. Ihm ist es undenkbar, daß makrogesellschaftliches Produzieren ohne Profitanreiz bzw. anders als in der Wertform organisierbar wäre. Ökonomisch rationale Arbeit ist dann folglich nur zu leisten mit ökonomisch rationalen Maschinen und ökonomisch rationaler Infrastruktur. So bestimmt Gorz die heutige Technik nicht als stofflichen Ausdruck der Wert- und Geldgesellschaft. Stattdessen nimmt er die vom Wert konstituierten empirischen Erscheinungen der fortgeschrittenen Produktivkraft selbst für »bare Münze« und verlängert sie in die Zukunft.

Nun gehört er aber nicht zu denen, die das betriebswirtschaftliche Produzieren vergöttern und die Politik nur darauf beschränken wollen, die daraus folgenden gesellschaftlichen und ökologischen Verwüstungen hier und da zu reparieren, eine Politik, die unter den Namen von Sozialdemokratie und Grünen sich etabliert hat. Für Gorz ist die wertförmige Ökonomie nur ein notwendiges Übel, das die Menschheit aber stets mit sich herumschleppen muß. Die kapitalistische Logik scheint ihm unbesiegbar, doch geht er immerhin so weit, sie in eine Nebenrolle drängen zu wollen. Daß er damit innerhalb der deutschen Sozialdemokratie, welche die Arbeit als gesellschaftlichen Hauptpfeiler bejaht, teil- und zeitweise Gehör gefunden hat, erklärt sich einerseits aus der strukturellen Krise der Arbeitsgesellschaft, also der durch die hohe Produktivität bedingten massiven Freisetzung von Arbeitskräften, die nicht wieder integriert werden können.(26) Wo niemand mehr auf den alten Wegen weiter weiß, rücken die Kritiker allmählich ins Blickfeld. Andererseits baut Gorz aber auch der Sozialdemokratie eine ideologische Brücke, indem er nämlich die Unaufhebbarkeit der Arbeit und der warenförmigen Vermittlung gesellschaftlicher Beziehungen vertritt.

Angefügt sei hier noch, daß auch eine duale Konzeption – selbst wenn sie gegen die Schwerkraft der Warenlogik durchgesetzt werden könnte – die Krise nicht zu lösen imstande wäre. Selbst eine drastische Reduzierung der Arbeitslosigkeit durch Umverteilung des Arbeitsvolumens würde das Kernproblem nicht lösen: den Prozeß des absoluten Schrumpfens wertproduktiver Arbeit und die Reduktion der Wertmasse im substantiellen Sinne. Alle Regulierungsversuche auf dieser Ebene der Krisensymptome verschärfen nur noch das geldförmige Dilemma: entweder durch Demontage des Sozialstaates und Lohnsenkungen (wozu auch die Arbeitszeitverkürzung zu rechnen ist) die Kaufkraft abzuwürgen oder durch höhere Staatsverschuldung sich Währungsturbulenzen und Inflation einzuhandeln. Das Ergebnis ist in beiden Fällen letztlich das gleiche: Der kapitalistische Motor kommt noch stärker ins Stottern, und eine Verschärfung des wirtschaftlichen Einbruchs ist unausweichlich.(27)

Eine großtechnische Produktion muß aber nicht – wie Gorz annimmt – auch sozial nach Maschinenart funktionieren. Die Ursache des Fremdbestimmten liegt nicht darin, daß für einen bestimmten maschinellen Prozeß, wie z.B. die oben zitierte Waschmaschinenherstellung, vielfaches Wissen, Fertigkeiten, Zeitabläufe, Maschineneinsatz u.a. koordiniert werden müssen. Befreit vom Geld- und Rentabilitätszwang wäre es möglich (und erforderlich), nicht nur auf gesamtgesellschaftlicher Ebene freie Absprachen über Zweck- und Zielsetzungen der Produktion, über Quantitäten und Qualitäten zu treffen. Auch auf der Ebene des einzelnen Produktionsprozesses hätten die Menschen die Freiheit, sich über die jeweiligen »Spielregeln« zu verständigen. Diese Freiheit ist natürlich keine absolute, hat keinen reinen spielerischen Charakter, sondern ist hauptsächlich ernsthafte Festlegung, wie das zweckgerichtete Projekt unter Berücksichtigung etlicher Kriterien wie etwa Stoffaufwand, Haltbarkeit, Bedienbarkeit, ökologischer Vertretbarkeit, Zeitaufwand und Zeitkoordination, Kommunikation, Verantwortlichkeit, Kompetenz, Schaffensfreude, Mühe, Monotonie usw. realisiert werden kann. Die Befriedigung aus diesem Handeln ist nicht in erster Linie aus der Schaffensfreude abzuleiten, vielmehr aus dem Einbringen in ein sinnvolles gesellschaftliches Tun, das aus Einsicht in den gesellschaftlichen Zusammenhang geschieht. Es wäre eine Form der Betätigung als Gemeinschaftswesen, das neben der Anstrengung auch Befriedigung in sich trüge, gerade weil es auf die Mitmenschen gerichtet ist. Das gesellschaftliche Regelwerk ist dann durchaus als individuell beeinflußbares denkbar. »Teamwork« in der industriellen Fertigung ist nicht an sich fremdbestimmt, sondern unter anderen Rahmenbedingungen durchaus als selbstbestimmt zu charakterisieren.(28)

Angemerkt sei hier, daß die oft von Gorz hervorgehobene Forderung nach einer »Erweiterung derjenigen Sphäre, in der die Tätigkeiten um ihrer selbst willen aus Neigung, Freude, Berufung, Leidenschaft, Liebe usw. ausgeübt werden«(29) natürlich ihre Berechtigung hat. In der Herstellung von Waschmaschinen werden auch in einer veränderten Zukunft wahrscheinlich nur wenige eine Tätigkeit um ihrer selbst willen im obigen Sinne erblicken. Hier hat die gesellschaftliche Sinnhaftigkeit des Tuns Priorität, was Momente von direkter Befriedigung aus dem Inhalt dieses Tuns aber nicht ausschließen muß. Darüberhinaus ist natürlich auch ein individueller Freiraum wichtig, wo die einzelnen Gelegenheit haben, genau das zu tun, was ihnen wirklich persönlich wichtig ist. Dies schließt wiederum nicht aus, daß dieses Tun gleichzeitig einen sinnvollen gesellschaftlichen Bezug haben kann. Jenseits der »Arbeit« lösen sich die Dualismen auf.

Ohne Moos viel los

Wenn das Gorz’sche Gesellschaftsprojekt, den Kapitalismus zwar zu »minimieren«, letzlich aber doch zu konservieren, illusorisch ist, so verweist es angesichts der schon real begonnenen Zusammenbruchsepoche der Wertvergesellschaftung doch auf gangbare praktische Schritte. Ist die heutige Strukturkrise nämlich warenförmig nicht bewältigbar, dann bleibt als einzig konstruktive Perspektive nur, damit zu beginnen, geldbefreite, kooperative Zusammenhänge zu organisieren, in denen das Produzieren und die Dienste, letztlich also auch das Miteinanderleben, eine neue selbstbestimmte Qualität bekommen. Zwischen einer solchen Perspektive und den Gorz’schen Vorstellungen über die »autonome Sphäre« gibt durchaus gewisse Berührungspunkte, doch gewinnt sie vor dem Hintergurnd der realen Krisenentwicklung eine andere Qualität.

Wo das Kapital sich im Zuge der Krise zurückzieht, da geht auch ein Teil seiner Herrschaft über die stoffliche Welt verloren. Es hinterläßt in diesen Orten und Regionen die Gebäude, die Maschinen etc. und, vor allem in den Metropolen, ein hohes Potential an menschlicher Produktivkraft. Und neben den übersehbaren Tendenzen zur allgemeinen Verrohung und zur Fortsetzung des Konkurrenzkampfes mit barbarischen Mitteln entstehen erfahrungsgemäß auch Ansätze kooperativer Krisenbewältigung in Gestalt von Nachbarschaftshilfe oder sonstigen Formen kollektiver Selbsthilfe.(30) In dem Maße, wie die Dauerkrise alle geldförmigen Lösungen diskreditiert, könnten diese Miniprojekte beginnen, sich durch Vernetzung zu stabilisieren und so zugleich die Perspektive einer umfassenden direkten Vergesellschaftung eröffnen. Wenn auch der Sozialstaat in dieser Phase seinem eigenem Anspruch kaum noch wird gerecht werden können, bestünde doch die Möglichkeit, seine verbliebenen finanziellen Spielräume im Sinne einer »Hilfe zur Selbsthilfe« nutzbar zu machen, etwa um Maschinen und Material zur Renovierung von Häusern in Eigenregie bereitzustellen.(31)

Partiell abgekoppelt vom Weltmarkt wäre ein Produzieren ohne Geldzweck möglich, zumal dann der Zwang wegfiele, immer auf höchstem Produktivitätsniveau zu produzieren. Jeder Produktausstoß brächte hier einen Nutzen, wie ja auch ein Gemüsegarten oder eine Hobbywerkstatt betrieben werden, ohne marktfähig zu sein.(32) Es bestünde die Möglichkeit, daß sich in diesen Bereichen allmählich ein neues konstruktiv-komplexes Bewußtsein herausbildet, das die Subjekt-Objekt-Dichotomie partiell transzendiert und sich selbst, die Gesellschaft und die Natur als Wirkungszusammenhang versteht. Die Fähigkeit zu einem Denken und Handeln in ganzheitlicher Dimension wäre wiederum eine wichtige Vorausetzung dafür, daß dieser Sektor erfolgreich auf die gesamtgesellschaftliche Ebene ausgedehnt werden könnte.

Um diese konstruktive Perspektive in Regionen, die noch nicht so heftig von der Krise betroffen sind, auf den Weg zu bringen, könnte ein zweite Gorz’sche Kernforderung aufgegriffen werden: die der Arbeitszeitverkürzung. Die allgemeine Reduktion des Arbeitspensums würde die Möglichkeit eröffnen, die gewonnene Zeit mit Eigenaktivität zu füllen bzw. ein Stück Distanz gegenüber der verinnerlichten Leistungsdoktrin zu gewinnen. Und eine dann unumgängliche Reduzierung des leerlaufenden kompensatorischen Konsums wäre ja immerhin viel erträglicher als die sonst drohende Entlassung in die Dauerarbeitslosigkeit. Das gewonnene Zeitpotential könnte nicht nur gemäß individuellen Wünschen ausgefüllt, sondern vor allem kooperativ genutzt werden durch Organisierung von Selbsthilfe, Unterstützungsringen o.ä.(33)

Im Kern geht es bei diesen Ansätzen von Alternativen um das Praktischwerden eines neuen Lebensstiles. Noch fehlt diesem allerdings der Freiraum für seine Entfaltung; noch für längere Zeit wird auch ein kooperativ organisierter Sektor zwangsläufig an die alte Geld-Welt angenabelt bleiben, weil sich vorerst dort nicht alle Güter herstellen lassen und nicht alle Dienste garantiert werden können, die auch bei konsumkritischem Leben benötigt werden. So wird zunächst ein kompliziertes Nebeneinander unvermeidlich sein. Auf der einen Seite wird noch Geld für Rohstoffe, Nahrungsmittel usw. aufgebracht werden müssen (durch Teilzeitarbeit oder Staatshilfe o.ä.). Auf der anderen Seite stünde, um mit Gorz zu reden, die »autonome Sphäre«, das vernetzte, kooperative Produzieren jenseits des Marktes. Ob und wie ein solcher neuer gesellschaftlicher Sektor schließlich die Hegemonie gewinnen kann, bleibt offen. Fest steht nur, daß Gorz’ Vorstellung von einer friedlichen Koexistenz beider »Sphären« unhaltbar ist. Erstens, weil ein nicht-warenförmiger Lebensstil aus sich heraus dazu tendieren wird, sich gänzlich von den Zumutungen des realexistierenden »Industriesystems« zu befreien, und das bedeutet die Aufhebung der abgetrennten Sphäre der Arbeit und die Integration des Produzierens als Ausdruck menschlichen Seins in den Alltag. Zweitens, weil die Implosion des Kapitals ein fortdauernder, sich beschleunigender Prozeß ist, der ständig neue Verarmung »produziert« und das soziale Gefüge zersetzt bis hin zum perspektivlosen Bürgerkrieg.

Als Fazit der Auseinandersetzung mit dem Gorz’schen Konzept möchte ich festhalten, daß dieses durchaus Bewegung in die Debatte bringen kann, wie dem alt werdenden Kapitalismus zu Leibe gerückt werden könnte. Andererseits steht es auf einem bröckeligen theoretischen Fundament. Um eine tragende Perspektive zu formulieren, wäre das Anfangszitat von Gorz umzuwandeln: Den Kapitalismus überwinden heißt hauptsächlich und notwendig, die Herrschaft der Warenbeziehungen – einschließlich des Verkaufs der Arbeitskraft – zugunsten selbstbestimmter gesellschaftlicher Tätigkeiten und Beziehungen zu beseitigen.

Fußnoten

1) …aus einem Lied von »Klaus dem Geiger und den Kölner Straßenmusikanten«, CD 1994.

2) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S.85.

3) André Gorz, Und jetzt wohin?, Berlin 1991, S.128.

4) Kursiv-Gedrucktes im Text gibt Formulierungen von Gorz wieder.

5) Die auf niedrigem Produktivitätsniveau aufgebaute Sowjetunion konnte noch nicht einmal daran denken, das Arbeiter-Dasein in Frage zu stellen. Hier ging es aus Überlebensgründen darum, möglichst viele Menschen in die intensive Arbeit zu zwingen. »In seinem eigenen Interesse als frischgebackener “Herr des Staates” soll der Arbeiter sein “eigenes” Interesse als Arbeiter verleugnen. Der Arbeiter soll in einer Person Egoist sein als Arbeiter mit einem unmittelbaren, auf Lohn und Arbeitsbedingungen gerichteten Interesse, und er soll zugleich Altruist sein als Inhaber der Saatsmacht. Das Ideal wäre zweifellos eine Arbeiterschaft, die aus Einsicht dahin gelangt, den Stumpfsinn ununterbrochener “Maloche” zu bejahen. Das läuft natürlich auf nichts anderes als auf den Versuch der Quadratur des Kreises hinaus…«, so Peter Klein in: Die Illusion von 1917, Unkel/Rhein, Bad Honnef 1992, S. 125.

6) André Gorz, Und jetzt wohin?, Berlin 1991, S. 118.

7) André Gorz, Abschied vom Proletariat, (1980) Frankfurt 1988, S.62; vgl. auch Kurz/Lohoff: »Die revolutionären Subjekte organisieren sich nicht als Arbeiter, sondern als Kommunisten, deren unmittelbares Ziel es nur sein kann, das Arbeiter-Dasein für immer abzuschütteln« (Marxistische Kritik 7, Erlangen 1989, S.27).

8) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S. 68.

9) André Gorz, Abschied vom Proletariat, (1980) Frankfurt 1988, S. 162.

10) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S. 152f. Gorz sieht die Reduzierung von Arbeitszeit verknüpft mit einem Zurückdrängen des Konsumismus: »Wenn ich meine Zeit verlieren muß, um Geld zu verdienen, so will ich dafür “etwas von meinem Geld haben”. Zeitpolitik kann zum wirksamsten Mittel werden, um das ökologisch notwendige Schrumpfen des Warenkonsums mit dem Streben nach größtmöglicher Selbstgestaltung des eigenen Lebens zu verbinden. Das ökologisch produktive Schrumpfen des Wirtschaftssystems verlangt folglich Verzichte, aber diese Verzichte brauchen kein Opfer zu bedeuten. Viele Bedürfnisse können durch geringere Mengen besserer und dauerhafterer Produkte besser befriedigt werden, und die Konsumwünsche selbst können verringert werden durch bessere öffentliche Dienste und Einrichtungen, eine bessere Lebensumwelt, eine entspanntere und konvivialere Lebensweise mit mehr disponibler Zeit. Wir könnten mit weniger Konsum besser leben und arbeiten.« (André Gorz, Und jetzt wohin?, Berlin 1991, S. 141 f.

11) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S. 80.

12) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S. 95.

13) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S. 147.

14) André Gorz, Abschied vom Proletariat, (1980) Frankfurt 1988, S. 88 f.

15) André Gorz, Und jetzt wohin?, Berlin 1991, S. 84.

16) André Gorz, Und jetzt wohin?, Berlin 1991, S. 96.

17) Hier kann er an einen radikalen Argumentationsstrang von Marx anknüpfen. »Nicht allein das Privateigentum als sachlichen Zustand, das Privateigentum als Tätigkeit, als Arbeit, muß man angreifen, wenn man ihm den Todesstoß versetzen will. Es ist eines der größten Mißverständnisse, von freier, menschlicher, gesellschaftlicher Arbeit, von Arbeit ohne Privateigentum zu sprechen. Die “Arbeit” ist ihrem Wesen nach die unfreie, unmenschliche, ungesellschaftliche, vom Privateigentum bedingte und das Privateigentum schaffende Tätigkeit. Die Aufhebung des Privateigentums wird also erst zu einer Wirklichkeit, wenn sie als Aufhebung der “Arbeit” gefaßt wird,… Eine “Organisation der Arbeit” ist daher ein Widerspruch.« (Karl Marx über Friedrich List, Berlin 1972, S. 24f.)

18) »Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. Was aber von vornherein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet, ist, daß er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn schon ideell vorhanden war.« (Karl Marx , MEW 23, Berlin 1975, S.193)

19) »Die kompensatorischen Güter werden also ebensosehr – wenn nicht gar noch mehr – ihrer Nutzlosigkeit halber begehrt wie wegen ihres Gebrauchswertes; denn dieses Element des Nutzlosen symbolisiert die Flucht des Käufers aus dem kollektiven Universum der funktionalen Notwendigkeit in eine private Nische souveräner Freiheit.« (André Gorz, Und jetzt wohin?, Berlin 1991, S.53)

20) Inzwischen versucht ja bekanntlich sogar ein Teil der Unternehmen die menschliche Eigeninitiative auf hohem Produktivitätsniveau wieder zu aktivieren und zu verwerten. So hat z.B. die Maschinenbau-Firma Ekato in Süddeutschland ihre neue Fabrik mit Fertigungsinseln ausgestattet, wo mit der üblichen Arbeitsteilung gebrochen wird. In Gruppenarbeit macht hier jeder alles, von der Planung und Konstruktion bis zur handwerklichen Umsetzung. Die Trennung von Kopf- und Handarbeit soll überwunden werden. Der unvermeidliche Pferdefuß ist jedoch, daß alle Beteiligten sich dem Imperativ der »betrieblichen Kostenminimierung« unterwerfen, ja dieses Kriterium verinnerlichen müssen. Dennoch scheinen hier neue positive Potentiale auf, die Gorz bisher nicht wahrgenommen hat und die jenseits der Kostenrechnung betriebswirtschaftlicher Rationalität auch innerhalb der industriellen Produktion eine Aufhebung der Fremdbestimmung versprechen.

21) Riesenproduktionsstätten wie z.B. BAYER in Leverkusen disqualifizierten sich dann allein schon wegen der unweigerlichen Verkehrsproblematik.

22) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S. 81 f.

23) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S. 84.

24) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S. 84.

25) André Gorz, Und jetzt wohin?, Berlin 1991, S. 83 f.

26) »Anfang 1994 waren weltweit 820 Millionen Menschen oder 30 Prozent der gesamten Arbeitnehmerschaft ohne Beschäftigung« so die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) laut dpa. Offiziell waren 120 Millionen Arbeitslose registriert. Gäbe es den vollautomatisierten Kapitalismus, wäre kein Geld mehr da, die riesigen Warenberge zu kaufen. Die Menschheit müßte nach dieser Logik verhungern. In diesem fiktiven Extrem läge der Wert-Fetisch selbst für den »gesunden«, sprich dem nur auf der Erscheinungsebene verharrenden Menschenverstand offen zutage. Anstatt das Zeitliche zu segnen, würde er dann wohl endlich die Einsicht gewinnen, daß es möglich ist, Gebrauchsdinge praktischerweise auch ohne Geldvermittlung zu produzieren und zu genießen.

27) Vgl. dazu Robert Kurz, Die Himmelfahrt des Geldes, in: Krisis 16/17.

28) Übrigens kann auch der Do-it-yourself-Baumeister seine Zeit nicht nur so nützen, wie es ihm gefällt. Auch er muß sich auf die Gegebenheiten des Stoffes und die Bedingungen seiner Gestaltung einlassen und dementsprechend handeln, um sein Vorhaben zu verwirklichen. Ohne ein gewisses Maß an Disziplin, Mühe, Planen, ohne individuelle »Spielregeln« wird auch er nicht auskommen.

29) André Gorz, Wege ins Paradies, Berlin 1983, S. 85.

30) Am fortgeschrittensten zeigt sich diese Option in der Bewegung der »Lokalen Ökonomie« mit ihrem Schwerpunkt in England und Schottland und ersten Ansätzen in Deutschland und anderen Teilen Europas. »Mit dem Begriff “Lokale Ökonomie” werden wirtschaftliche Aktivitäten beschrieben, die 1) einem lokal und sozial begrenzten Gebiet zugeordnet sind, 2) die dort lebenden Menschen, ihre ökonomischen Wünsche und Möglichkeiten betreffen, 3) die von ihrer eigenen Initiative getragen werden und 4) die nicht nach den Gesetzen von Konkurrenz und Markt, sondern nach eher nachbarschaftlichen Regeln von Austausch, Solidarität und Hilfe funktionieren.« (so Peter Bach in seinem Referat »Lokale Ökonomie – ein Mittel zur kommunalen Selbsthilfe in Mühlheim?, Lokalberichte Köln 2/95).

31) »Wie früher Häuser gebaut wurden, nämlich aus Fachwerk und Lehm, das haben ein Dutzend Obdachlose in Eckartsheim bei Bielefeld nachgemacht. In die Kleinstwohnhäuser mit 53 qm werden sie selbst einziehen – ein bundesweit einmaliges Experiment.« (Prisma, Nr 2/96, S.45).

32) Hier geht es um die prinzipielle Ebene. Eine verallgemeinerte niedrige Produktivität eines »Small is beautiful« ist nicht zu begrüßen, da dies auch bei Konsumreduzierung in Plackerei ausarten müßte. Es soll andererseits nicht heißen, daß Selbstversorgung stets ineffizient sein muß. So wurde in den von Fridjof Bergmann initiierten »New Work«-Projekten mit Obdachlosen eine neue Idee geboren und erprobt: »high tech selfproviding«, Selbstversorgung auf hohem technischen Niveau. (vgl. Die Zeit, 18.3.94)

33) Bereits heute sind in Deutschland etliche lokale Tauschbörsen entstanden, wo trotz der Form einer Verrechnung der Leistungen in Zeiteinheiten der Gedanke wechselseitiger Hilfe im Vordergrund steht. So etwa die »Zeitbörse« in Kassel: »Unter dem Motto “Bei uns ist auch ohne Moos was los” können von den mittlerweile fast 50 Mitgliedern der Kasseler Zeitbörse eine Reihe von Dienstleistungen untereinander anstatt gegen Geld mit der erbrachten Zeit getauscht werden, die vom vegetarischen Kochen über das Baby-Sitten bis zur Hilfe bei Umzügen etc. reicht. Mit diesem Angebot, für das den Erbringern die geleistete Zeit auf einem Zeitkonto gutgeschrieben wird, ist es der Zeitbörse gelungen, einen Beitrag zur Erleichterung des Alltags der Mitglieder zu leisten, so daß in der Zeitbörse mittlerweile Menschen aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen zusammenarbeiten…«, heißt es in der Presseerklärung vom 6.1.1996 anläßlich des einjährigen Bestehens.