Ernst Lohoff
Die schlechten Nachrichten häufen sich. Kaum hat Ifo-Chef Werner Sinn darauf reagiert, dass die deutsche Wirtschaftsleistung im laufenden Quartal um 3,5 Prozent abgestürzt ist, und die Wachstumsprognose seines Instituts für das Jahr 2009 auf minus 2,2 Prozent nach unten korrigiert, sind schon die nächsten Berichtigungen fällig. Jede Woche werden steilere Abwärtskurven gezeichnet.
Diese unerquickliche Entwicklung hat Sinns Kollegen DIW-Chef Zimmermann auf den Plan gerufen. Er verkündet den Bankrott seiner Branche und empfiehlt sich und seinesgleichen bis auf Weiteres die Klappe zu halten. In einem Punkt hat Zimmermann nicht ganz unrecht. Die Prognosen der Wirtschaftsweisen waren schon in der Vergangenheit wenig treffgenau und angesichts der Krisendynamik müssen die Schwächen der Makromodelle, mit denen die Konjunkturforschung hantiert, noch schärfer zu Tage treten. “In den meisten Modellen, die wir für unsere Vorhersagen nutzen, kommen keine Finanzkrisen vor. Und wenn sie vorkommen, dann ist diese Krise so spezifisch, dass wir sie nicht erfassen können.” sagte er am 16.12.2008 der Financial Times Deutschland. Zimmermanns Selbstkritik hat freilich einen durch und durch apologetischen Inhalt und der wird auch dankbar aufgegriffen. Die Gefahr geht primär von den Zahlen aus und nur sekundär von der realen Entwicklung, die sie (unzureichend) abbilden. Der erste Schritt zur Krisenlösung ist die Krisenleugnung. Konsum ist die erste Bürger- und Optimismus die erste Expertenpflicht.
Diese Umgangsweise mit Krisen hat durchaus historische Vorbilder. Mitte der 1980er Jahre war das Ceauşescu-Regime nicht mehr in der Lage die winterliche Brennstoffversorgung der rumänischen Bevölkerung sicherzustellen und fand für dieses Problem eine ähnlich geniale Lösung. Während einer Kältewelle wurde den Meteorologen des Staatsfernsehens verboten die Quecksilbersäule im abendlichen Wetterbericht unter Minus 10 Grad fallen zu lassen.
Während Zimmermann nur redet, schritt der lettischen Sicherheitsapparat übrigens schon zur Tat und hat sich dem Niedergang der Weltwirtschaft entschieden entgegen gestemmt. Wie „The Wall Street Journal“ vom 1.12.2008 zu entnehmen war, nahm sich die Terrorabwehr des Landes einen allzu pessimistischen Ökonomen zur Brust und steckte ihn erst einmal hinter Schloss und Riegel. Gegen den Unidozenten und Publizisten Dmitrijs Smirnovs wurde zwar keine Anklage erhoben und er kam nach 2 Tagen auch wieder auf freien Fuß, allerdings mit den dringenden Empfehlung nicht mehr den Zustand des lettischen Finanzsystems zu bekritteln. Außerdem wurde ihm nahe gelegt, sein Köfferchen zu packen und das Land zu verlassen. Der Staatssekretär im lettischen Finanzministerium rechtfertige diese Vorgehensweise der Sicherheitskräfte als „Abschreckung“.
Den letzten Systemzusammenbruch haben die Wetterberichte à la Ceauşescu letztlich nicht aufhalten können. Ob die Methode diesmal mehr bringt?