Julian Bierwirth
Zur Gesellschaftlichkeit von Zweckrationalität und Ich-Identität
Beitrag 3/2013
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Zusammenfassung
Ausgehend von der Bestimmung des Kapitalismus als gesellschaftlichem Verhältnis, in dem den Menschen die Ergebnisse ihres gesellschaftlichen Handelns als naturhafte, in den Dingen selbst angelegte Phänomene erscheinen, untersucht das Essay einige grundlegende Aspekte der historischen Spezifik dieser Gesellschafts-formation.
Am Beispiel vormoderner Zeitvorstellungen diskutiert es zunächst die Differenz von vorkapitalistischem und kapitalistischem Welt- und Gegenstandsbezug. Im Anschluss daran wird der für die kapitalistische Gesellschaft grundlegende Doppelcharakter von konkreter und abstrakter Arbeit mit den dualistischen Konzeptionen vormodernen Tätigkeitsbezugs verglichen. Des Weiteren wird argumentiert, dass die historisch-spezifische Form gesellschaftlicher Vermittlung im Kapitalismus nicht nur die immanente Dialektik von Wert und Gebrauchswert bzw. abstrakter und konkreter Arbeit in die Welt setzt, sondern eine weitere grundlegende Spaltung des gesellschaftlichen Zusammenhangs impliziert.
In Auseinandersetzung mit der Diskussion um die Begriffe Gesellschaft und Gemeinschaft wird erläutert, wie die von der kapitalistischen Form „abgespaltenen“ Momente der modernen Lebenswelt systematisch-logisch auf die kapitalistischen Formimperative bezogen sind. Eine theoretische Betrachtung dieser Phänomene müsse daher immer diesen Bezug mit reflektieren, wenn sie nicht ihren Gegenstand verfehlen will. Entsprechendes gilt auch für die abstrakte Individualität, die mit der Form „Subjekt“ untrennbar verbunden ist und die sich wesentlich von vormodernen Vorstellungen des Bewusstseins unterscheidet, welche keinen einheitlichen Identitätskern des Individuums implizierten, wie im vierten Teil des Essays gezeigt wird.