Julian Bierwirth
Der Wert als Einheit von Handlung und Struktur
Beitrag 1/2015
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Zusammenfassung
Die Auseinandersetzung um das Verhältnis von Handlung und Struktur prägt die sozialwissenschaftliche Theoriebildung seit ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert. Dabei wird die Wertkritik zumeist der strukturtheoretischen Seite zugeschlagen. Häufig wird ihr vorgeworfen, sie reduziere die handelnden Subjekte auf bloße Anhängsel der warengesellschaftlichen Totalität. Tatsächlich jedoch ist der kapitalistische Formzusammenhang keinesfalls bloß eine „soziale Struktur“, die das Handeln determiniert, sondern eine bestimmte Form der Vergesellschaftung, die sich über ein historisch-spezifisches Verhältnis von Privatheit und Gesellschaftlichkeit konstituiert, in welchem der Widerspruch zwischen Struktur und Handlung angelegt ist.
Der vorliegende Beitrag stellt einen ersten Versuch dar, dieses widersprüchliche Verhältnis zu entschlüsseln. Ausgehend von der Marx‘schen Kritik der Politischen Ökonomie zeichnet er zunächst nach, dass die allgemeine Warenproduktion auf der logischen Voraussetzung einer Zersplitterung des gesellschaftlichen Zusammenhangs in vereinzelte Einzelne beruht. Die produzierten Güter werden nur deshalb zu Waren, weil sie, wie Marx zeigt, das Resultat voneinander unabhängiger Privatarbeiten sind. Weil sich somit der gesellschaftliche Zusammenhang in der widersprüchlichen Form der allgemeinen Verfolgung privater Interessen konstituiert, nehmen die gesellschaftlichen Beziehungen die Form eines Verhältnissen von Dingen an, die sich den Einzelnen gegenüber verselbstständigen.