Der inverse Kapitalismus und seine Grenzen
von Ernst Lohoff
In der sozialwissenschaftlichen Diskussion hat sich als Bezeichnung für die aktuelle Entwicklungsstufe unseres Wirtschaftssystems der Begriff des Finanzmarktkapitalismus eingebürgert. Bedeutete bis in die 1970er Jahre hinein Kapitalakkumulation vor allem die Vermehrung des in der Güterproduktion eingesetzten Kapitals, so hat diese heute in allererster Linie die beschleunigte Anhäufung von Finanzpapieren zum Inhalt. Bereits Karl Marx unterschied zwischen fiktivem Kapital, das unseren finanziellen Reichtum abstrakt vermehrt, und fungierendem Kapital, das unseren sinnlich-stofflichen Reichtum konkret vergrößert. Mit dem Siegeszug des fiktiven Kapitals ist die Auslöschung des sinnlich-stofflichen Reichtums, mithin unserer Lebensgrundlagen, absehbar.
Eine Analyse des Kapitalismus in seiner heutigen Gestalt muss dem Aufstieg der Finanzindustrie zum eigentlichen Wirtschaftsmotor Rechnung tragen. Aber welche Funktion und welchen Charakter haben Kapitalmarktwaren und warum konnten die Geld- und Kapitalmärkte zum eigentlichen Motor der Wirtschaft aufsteigen?
Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Fragen, dürfte kaum jemand an die Marxsche Theorie denken. Dem landläufigen Verständnis führt die Kritik der Politischen Ökonomie alle Kapitalbildung auf die Vernutzung lebendiger Arbeit zurück und betrachtet das Finanzmarkttreiben als Nullsummenspiel, bei dem nur vorhandener Reichtum neu verteilt wird. Diese Auffassung fällt aber weit hinter die Erkenntnisse zurück, die Marx tatsächlich in seinem theoretischen Hauptwerk entwickelt hat. Im Kapital wird keineswegs unterstellt, dass Kapitalbildung immer auf vorgängige Wertproduktion zurückgehen muss. Weil Marx systematisch zwischen sinnlich-stofflichen Reichtum einerseits und abstrakten Reichtum andererseits unterscheidet, kann er begrifflich zwischen zwei Grundtypen von Kapital höchst unterschiedlicher Herkunft differenzieren: Beim „fungierenden Kapital“ (dem industriellen Kapital und dem Kaufmannskapital) setzt dessen Neubildung tatsächlich eine reale Wertproduktion durch die Verausgabung von Arbeitskraft in der Produktion von Gütermarktwaren und Dienstleistungen voraus. In der Gestalt des „fiktiven Kapitals“, das aus Finanzmarktpapieren besteht, also aus handelbaren Eigentumstiteln, verwandelt sich dagegen die Aussicht auf noch zu erzeugenden Wert, auf zukünftigen Wert, der vielleicht nie produziert werden wird, schon vorab in Kapital.
Fiktives Kapital
Die Entstehung fiktiven Kapitals und die damit verbundene Inversion (Umkehrung) in der zeitlichen Abfolge von Wert- und Kapitalbildung lässt sich nur verstehen, wenn man einen Blick auf das spezielle Verhältnis wirft, das Käufer und Verkäufer auf den Kapitalmärkten miteinander eingehen. Vor allem in folgender Hinsicht unterscheidet dieses sich grundlegend von den Beziehungen auf den Gütermärkten: Die Verkäufer von Autos oder Bleistiften geben ihre Güter ein für allemal weg und überlassen die Gebrauchswertnutzung allein den Käufern. Diese fahren nun mit dem Auto durch die Gegend oder kauen auf dem Bleistift herum, während die Verkäufer über das Geld verfügen können, das sie im Gegenzug erhalten haben. Beim Verkauf eines Eigentumstitels geschieht dagegen etwas ganz anderes. Der Käufer überlässt zwar dem Verkäufer sein Geld, verliert aber dadurch keinesfalls den Anspruch darauf. Es kommt zu einer Doppelnutzung derselben Geldsumme.
Am Beispiel des Kredits hat Marx diesen Mechanismus erläutert: Der Kreditnehmer gelangt in den Besitz einer bestimmten Geldsumme, indem er sich gegenüber dem Kreditgeber dazu verpflichtet, diese Summe zu einem späteren Zeitpunkt zurückzuzahlen und für die Laufzeit des Kredits einen Zins zu entrichten. Mit diesem Kredit kann der Kreditnehmer nun Investitionen tätigen, Güter erwerben etc. Der Kreditgeber entsagt damit aber keineswegs dem Gebrauchswert seines Geldes. Im Gegenteil, gerade indem er einem anderem gestattet, dieses zu nutzen, nutzt er es auch selbst. Genauer gesagt, er nutzt dessen Gebrauchswert als potentielles Kapital, denn er gibt sein Geld ja nur weg, um es vermehrt zurückzuerhalten. Damit wird, so Marx, aus „derselben Geldsumme (…) Kapital für zwei Personen“. Dank der Doppelnutzung des Gebrauchswerts dieser Geldsumme existiert auch ihr Tauschwert doppelt. Einmal als die an den Kreditnehmer transferierte Ausgangsgeldsumme, einmal als der Anspruch des Geldgebers auf Tilgung und Zins, als Vorgriff auf noch nicht geschaffenen Wert.
Eine neue Qualität bekommt die Schöpfung fiktiven Kapitals, sobald die monetären Ansprüche selber wiederum Warengestalt annehmen (Aktien, Schuldtitel, Derivate etc.) und beliebig übertragbar werden. In diesem Fall nimmt das Spiegelbild des Ausgangskapitals genauso an der Waren- und Kapitalzirkulation teil wie die Ursprungsgeldsumme: Zum Beispiel stellt eine Aktie als fiktives Kapital nicht nur für den aktuellen Inhaber, sondern auch vom ökonomischen Gesamtprozess aus betrachtet echtes Kapital dar. Aus der Verdoppelung des Ausgangskapitals ist gesellschaftliche Realität geworden.
Während seiner Lebenszeit ist das fiktive Kapital keinen Deut weniger gesellschaftliche Realität als das fungierende Kapital. Das Attribut fiktiv verdient es aus einem anderen Grund: Im Gegensatz zu jener des fungierenden Kapitals ist seine Existenz gespenstisch-flüchtig. Auch fungierendes Kapital kann von der Bildfläche verschwinden, etwa wenn Unternehmen Pleite gehen. Solange das fungierende Kapital aber verwertet wird, ist es unvergänglich: Seine jeweils konkrete Gestalt geht dann den Weg allen Fleisches: Geld wird investiert, Maschinen und Rohstoffe werden verbraucht, die produzierten Waren werden verkauft. Der repräsentierte Wert lebt in diesem beständigen Gestaltwechsel aber fort. Fiktives Kapital ist dagegen Kapital mit eingeprägtem Verfallsdatum. Sich wieder in Luft aufzulösen, gehört zu seiner Daseinsweise. Man nehme etwa einen Kredit. Ist dessen Tilgung abgeschlossen, hat der Kreditgeber sein verliehenes Geld nebst Zinsgewinn wieder zurückerhalten; das Spiegelbild und damit das gesellschaftliche Zusatzkapital ist mithin ausgelöscht. Die Realisierung des fiktiven Kapitals bedeutet immer auch sein definitives Ende.
Schneller in die Krise
Kapital ist nur ein anderes Wort für die Verwandlung von Geld in mehr Geld. Kapital, das nicht wächst, ist kein Kapital und hat sein Daseinsrecht verwirkt. Das gilt für jedes Einzelkapital als auch für das Gesamtkapital des Systems. Sobald das Gesamtkapital sein Wachstum zeitweise unterbricht, stürzt die Weltwirtschaft in die Krise.
Die für die kapitalistische Produktionsweise unabdingbare Vermehrung des Gesamtkapitals kann auf zwei Wegen erfolgen: entweder durch eine Steigerung der tatsächlichen Wertproduktion oder durch eine Steigerung der Wertantizipation. Von den Anfängen der kapitalistischen Entwicklung bis in 1970er Jahre hinein war die auf der Vernutzung von menschlicher Arbeit beruhende Vermehrung des fungierenden Kapitals Hauptträger der Gesamtakkumulation. Dadurch dass im Gefolge der dritten industriellen Revolution quer durch alle Branchen die lebendige Arbeit aus dem Produktionsprozess herausdrängt wurde, war dieser Weg ein für allemal verstellt. Daher bedurfte es einer neuen Grundlage für die Kapitalakkumulation, und die fand sich in der beschleunigten Schaffung von fiktivem Kapital. Seit den 1980er Jahren hat die finanzindustrielle Produktion (die Erzeugung von immer mehr Eigentumstiteln), also paradoxerweise der Finanzüberbau, die Rolle der „Basisindustrie“ übernommen.
Mit dem Übergang zum inversen Kapitalismus, eröffnete sich der herrschenden Wirtschaftsweise einen neuen Entwicklungsspielraum. Allerdings stößt der von der Vorabkapitalisierung künftiger Wertproduktion getragene Kapitalismus viel schneller an seine innere Schranke, als der klassische, auf massenhafter Arbeitsvernutzung gründende Kapitalismus. Seine Lebenserwartung beschränkt sich vor allem aus einem Grund auf wenige Jahrzehnte : Im Vergleich zu den Schlüsselindustrien des klassischen Kapitalismus unterliegt die finanzindustrielle Produktion wegen des flüchtigen Charakters fiktiver Kapitalbildung einem potenzierten Wachstumszwang. Solange das fungierende Kapital die kapitalistische Gesamtmaschine am Laufen hielt, mussten die Wachstumsindustrien nur für eine Steigerung der Wertproduktion gegenüber der Vorperiode sorgen. Damit aber das fiktive Kapital den gesamten Akkumulationsprozess am Laufen halten kann, muss die Neuausgabe von Eigentumstiteln zusätzlich auch noch die Erneuerung des gesamtgesellschaftlichen Kapitalstocks sicherstellen: Zum einen ist der Platz der auslaufenden Eigentumstitel neu zu besetzen, zum anderen ist ein erheblicher Teil des finanzindustriell generierten Kapitals, das in die Realwirtschaft floss, konsumtiv verausgabt worden; das gilt unter anderem für kreditfinanzierte Staatsausgaben und private Konsumkredite. Das solcherart verbrauchte Geldkapital muss durch einen neuerlichen Vorgriff auf künftigen Wert immer wieder ersetzt werden. Je länger der Kapitalismus auf diese Weise vor sich hin prozessiert, desto schneller wachsen die Massen vorweggenommener und bereits verbrannter Wertproduktion, die als Ballast mitgeschleppt werden müssen.
Hinzu kommt noch ein Weiteres: mit der Produktion von fiktivem Kapital emanzipiert sich die Kapitalbildung zwar von vorgängiger Wertproduktion, damit ist aber nicht jeder Bezug zur Realwirtschaft gekappt. Der systematische Vorgriff auf künftigen Reichtum lässt sich nur aufrechterhalten, wenn außerhalb der Finanzsphäre bestimmte Hoffnungsträger vorhanden sind (oder konstruiert werden), auf die sich die monetären Zukunftserwartungen halbwegs glaubhaft richten können. So lebte der Aktienboom der 1990er Jahre von der Vorstellung, im damals neu entstehenden IT-Sektor ließen sich über kurz oder lang riesige Profite erzielen und der Sub-Prime-Boom der Nullerjahre beruhte auf der Illusion immer weiter steigender Immobilienpreise. Diese Abhängigkeit von realwirtschaftlichen Hoffnungsträgern stellt die Achillesferse des inversen Kapitalismus dar. Das Angebot an realwirtschaftlichen Bezugspunkten, an die sich Renditehoffnungen knüpfen können, wächst keineswegs in den Himmel.
Nach dem Crash von 2008 ist die Dynamik fiktiver Kapitalschöpfung noch einmal angesprungen und läuft derzeit (im Frühjahr 2015) auf Hochtouren. Im April 2015 erreichte der DAX ein neues Allzeithoch, einen Monat später zog der DOW-Jones-Index nach. Wenn man sich die Bedingungen dieses Booms vergegenwärtigt, dokumentiert er allerdings, wie der finanzmarktgetriebene Kapitalismus seiner historischen Schranke immer näher kommt. Die früheren Boomphasen – man denke an das New-Economy Zeitalter – wurden noch von der inner-privatwirtschaftlichen Erzeugung fiktiven Kapitals getragen. Der derzeitige Aufschwung dagegen beruht auf der höchst aktiven Rolle der Zentralbanken bei der Neuproduktion fiktiven Kapitals. Diese kaufen im großen Stil notleidende Staatspapiere auf und übernehmen damit den ursprünglich bei den Privatbanken akkumulierten Entwertungsbedarf; vor allem aber pressen sie mit ihrer Negativzinspolitik seit Jahren frisches fiktives Kapital in die Kapitalmärkte. Unter dem Label der Deflationsbekämpfung hat Geldpolitik heute keinen anderen Inhalt, als mit den Mitteln der Geldschöpfung, in einer Art von Public Private Partnership, spekulative Blasen zu erzeugen. Dass diese früher oder später platzen werden, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Opferung unserer Lebensgrundlagen
Nach jedem großen Crash bedarf es neuer realwirtschaftlicher Bezugspunkte, damit die Erzeugung fiktiven Kapitals wieder auf Touren kommt. Als nach dem Einbruch vom Herbst 1987, das kurze goldene Zeitalter des inversen Kapitalismus anbrach, rückte die IT-Branche mit ihren damals brandneuen, inzwischen allgegenwärtig gewordenen Produkten und Diensten im Zentrum der Kapitalisierung von vermeintlichen oder tatsächlichen Gewinnaussichten. Vergleichbar strahlende Helden sind nicht mehr in Sicht. Unter allen realwirtschaftlichen Prozessen weckt am ehesten noch die Kapitalisierung von Naturressourcen hochfliegende Renditeerwartungen. Ein Beispiel dafür sind Genpatente. Die Überführung des Nutzungsrechts an Teilen des gemeinsamen Naturerbes der Menschheit in Privateigentum stellt für das System der abstrakten Reichtumsproduktion einen doppelten Gewinn dar. Zum einen macht es ein „wertloses“ freies Gut zu Kapital, zum anderen wird dieses Kapital wiederum zum Bezugspunkt der Schöpfung fiktiven Kapitals, sobald Bio-Tec-Unternehmen Aktien ausgeben oder Kredite aufnehmen.
Was den sinnlich stofflichen Reichtum angeht, sieht die Bilanz dagegen verheerend aus. Die in jahrhundertelanger Züchtung entstandene Artenvielfalt der Nutzpflanzen und -tiere fällt der Privatisierung des Genpools zum Opfer. Sie macht die Agrarproduzenten tributpflichtig. Überall wo der inverse Kapitalismus die Naturressource neu für sich entdeckt und daraus seinen (letzten) Honig zieht, bietet sich das gleiche Bild. Die vorläufige Rettung des Systems abstrakter Reichtumsproduktion geht mit der Zerstörung sinnlich-stofflichen Reichtums und menschlicher Lebensgrundlagen einher. Eine extreme Zuspitzung erlebt diese irre Logik in Phänomenen wie der Rohstoffspekulation und dem Landgrabbing. Die drohende Verknappung von Schlüsselressourcen verwandelt bisher fast wertloses Land in begehrtes Zukunftskapital. Und weil abzusehen ist, dass der Amoklauf gegen die natürlichen Lebensgrundlagen die Preise für die Reste in die Höhe schießen lassen wird, erzeugt, wer sich vorab die Verfügungsgewalt sichert, kapitalistischen Reichtum.
Hinzu kommt noch die Generierung zusätzlichen kapitalistischen Reichtums durch neu eingeführte Methoden der Naturzerstörung. Zumindest was die USA angeht, war das nach dem Crash von 2008 ein ganz zentraler Faktor für das Wiederanspringen der Konjunktur. Der Boom, den die US-Börsen in den letzten Jahren erlebt haben, verdient den Namen Fracking-Boom. Der plötzliche Aufstieg der USA zum Erdölexporteur und die riesigen Investitionen in diese Nach-uns-die-Sintflut-Technologie haben für jene Gewinnperspektiven gesorgt, die nötig waren, um die Geldfluten der Zentralbanken der USA in fiktives Kapital zu verwandeln. Fiktives Kapital, das wiederum die US-Ökonomie zurück in die Wachstumsspur brachte.
Hierzulande macht sich vor allem in einem Bereich direkt bemerkbar, wie die intensivierte Kapitalisierung von Naturgrundlagen auf die Lebensverhältnisse der breiten Bevölkerung zurückschlägt. Angesichts der Niedrigzinspolitik und auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten für das finanzindustriell erzeugte Kapital flossen seit dem Crash von 2008 gigantische Mittel in den Immobiliensektor. Weil dieser aber von der nicht vermehrbaren Naturressource Grund und Boden abhängig ist, schlägt sich das vor allem in den Großstädten in steil ansteigenden Immobilienpreisen nieder. Für das System des abstrakten Reichtums stellt diese Entwicklung selbstverständlich einen Gewinn dar. Das Vermögen, das der Gebäudebestand repräsentiert, ist sprunghaft gewachsen. Für die Menschen, die ein Dach über den Kopf suchen, sieht die Sache anders aus. Gemessen an anderen Boomländern wie der Türkei oder Brasilien ist die deutsche Entwicklung übrigens noch moderat. Für deren Konjunktur spielt das Explodieren der Immobilienpreise noch eine viel wichtigere Rolle und deshalb werden dort die aufflammenden Proteste gegen diese Landnahme mit aller Härte niedergeschlagen. Wie im Brennglas zeigt sich hieran, dass vom Standpunkt des sinnlich-stofflichen Reichtums und der existenziellen Bedürfnisse der Menschen nicht erst der Zusammenbruch des inversen Kapitalismus eine Katastrophe darstellt, sondern auch sein Weiterfunktionieren bereits desaströs ist.
Inverser Kapitalismus:
Der Begriff „inverser Kapitalismus“ (abgeleitet vom Lateinischen inversio = Umkehrung, Umstellung) bezeichnet den von der Finanzmarktdynamik bestimmten zeitgenössischen Kapitalismus. Anders als der gängige, deskriptive Ausdruck „finanzmarktdominierter Kapitalismus“ verweist dieser Neologismus auf eine bestimmte Theorie der Kapitalakkumulation. Im „inversen Kapitalismus“ hat sich gegenüber dem klassischen Kapitalismus das Verhältnis von Finanzüberbau und Realwirtschaft auf den Kopf gestellt. Die Vermehrung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals beruht nicht mehr primär auf der Produktion von Gütermarktwaren, sondern vor allem anderen auf der Bildung fiktiven Kapitals durch die Finanzindustrie.
Gebrauchs- und Tauschwert:
Das landläufige Verständnis setzt den Gebrauchswert mit dem konkreten-materiellen Nutzen eines Gutes gleich. Die Kritik der Politischen Ökonomie reserviert die Kategorie des Gebrauchswerts demgegenüber für die Warenwelt, und verwendet sie rein analytisch und unemphatisch. Jede Ware hat einen Doppelcharakter. Als Gebrauchswert muss sie irgendeinem Bedürfnis potentieller Käufer bedienen können, als Träger von Tauschwert repräsentiert sie abstrakten gesellschaftlichen Reichtum.
Bei den Gütermarktwaren überlappt sich die Marxsche Sicht partiell mit der landläufigen Vorstellung vom Gebrauchswert als dem konkret-materiellen Nutzen eines Dings. Marx verwendet den Begriff aber auch für jene Waren, deren Gebrauchswert übersinnlichen Charakter hat, weil er darin besteht, den abstrakten gesellschaftlichen Reichtum zu vermehren. So besitzt die Ware Arbeitskraft den besonderen Gebrauchswert Mehrwert zu erzeugen. Und soweit das Geld als Ware auf den Finanzmärkten gehandelt wird, besteht sein Gebrauchswert darin, als potentielles Kapital zu dienen.